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‚Wahrscheinlich hat er wieder irgendeinen Bekannten beim Sport getroffen, mit dem er noch ein Bier trinken gegangen ist. Oder einen Club Mate ... oder was auch immer die heutzutage für eine Hipsterscheiße saufen.‘
Allein der Gedanke daran macht mich rasend. Ich bin ja schon seit Beginn unserer Beziehung ziemlich eifersüchtig, auch wenn mir Rob nie einen wirklichen Grund dazu gegeben hat, aber er ist eben ein echt gutaussehender Typ, vor allem seit wir uns ständig zoffen. Gerade nach einem solchen Donnerwetter wie heute ist meine Angst daher besonders groß, dass er sich anderweitig Zuwendung holt.
Ich kontrolliere noch einmal meinen Aufbauplan für die nächste Hochzeit, schicke dann endlich die letzten Angebote ab und klappe den Laptop zu, während ich den übrig gebliebenen Spuckschluck meines Whiskys inhaliere. Dabei verziehe ich das Gesicht, so wie jedes Mal, wenn ich das Zeug pur trinken muss. Eigentlich mag ich keinen Whisky. Ich bin mehr so der Weißwein-Typ, und wenn ich ganz ausgelassen bin, gönne ich mir auch mal einen Aperol Spritz, aber sonst bin ich da eher zurückhaltend.
Gerade als ich aufstehen will, bleibt mein Blick einen Moment auf einem gerahmten Pärchenfoto von Rob und mir hängen. Es stammt aus unserem ersten gemeinsamen Urlaub in der Türkei und ist bis heute mein Lieblingsbild von uns. Wir lachen darauf nämlich beide aus vollem Herzen, weil der Reiseführer, den wir um ein Foto gebeten hatten, genau in diesem Moment einen Vogelschiss auf die Schulter bekam. Sein angewidertes Gesicht werde ich niemals vergessen, vor allem als er sich den schleimigen Haufen von seinem schnieken dunkelblauen Hemd schubsen wollte und ihn stattdessen natürlich nur breitgeschmiert hat.
‚Was ist nur mit uns passiert?‘, frage ich mich selbst und seufze. ‚Wir waren mal so glücklich ...‘
Einen Augenblick verliere ich mich in meinen trüben Gedanken, muss aber kurz darauf gleich wieder grinsen, als ich mich an etwas erinnere. Meine Mutter hat früher recht häufig so komische Vergleiche aus schmalzigen Filmen geklaut, zum Beispiel was das Leben und eine Pralinenschachtel gemeinsam haben oder so ähnlich. Meistens fand ich diese Lebensweisheiten ziemlich oberflächlich und dämlich, aber als ich Rob zum ersten Mal sah, erinnerte ich mich sofort an etwas, das sie einmal zu mir gesagt hatte: „Männer sind wie Pilze. Die, die am besten aussehen, sind die gefährlichsten.“
Ja. Gefährlich. Genau so sah er aus. Wild, unberechenbar und von den Fußspitzen bis zum Hals mit Tattoos zugehackt, was ihn bis heute unheimlich sexy macht, wie ich finde.
Rob und ich lernten uns auf einem Konzert kennen. Auf einem Manowar Konzert ... gegen das ich mich erst mit Händen und Füßen gewehrt hatte, weil ich die Typen und auch ihre Musik einfach nur megapeinlich finde. Aber mein bester Freund war damals ein riesen Fan und wollte nicht alleine gehen, also hab ich mich breitschlagen lassen, ihn zu begleiten. Eigentlich war meine Präsenz jedoch vollkommen überflüssig, denn schon im Laufe des ersten Songs versank er im Moshpit(*FN* So nennt man den Bereich direkt vor der Bühne, in dem sich Konzertbesucher gegenseitig zur Musik hin und her schmeißen, wobei es nicht selten zu Rangeleien kommt.*FN*) und ich traf ihn erst auf dem Parkplatz an meinem Auto wieder. Vermutlich brauchte er in Wahrheit einfach nur jemanden, der ihn dorthin kutschierte und wieder nach Hause brachte, wenn er stockbesoffen war.
Tja, jedenfalls stand ich, mit einem Plastikbecher voll Caipirinha in der Hand, etwas abseits, beobachtete die tobende Masse und dann, mitten in einem ohrenbetäubenden Erguss episch berauschenden True Metals(*FN* In den Liedtexten von Manowar wird oft und gerne betont, wie true, also ehrlich, ihr Metal ist. Der einzig Wahre sozusagen ;p*FN*), sah ich ihn.
Einen zwei Meter großen Hünen in schwarzer Lederhose und Achselshirt, das seine Muskeln und die darauf prangenden Tätowierungen so unverschämt geil betonte, dass ich fast einen spontanen Orgasmus bekam. Zum Refrain von Warriors of the World schüttelte er seine Mähne, tanzte, sang lauthals mit, und zum ersten Mal in meinem Leben konnte ich diesem Lied etwas abgewinnen.
Mehr durch Zufall drehte er sich nach dem Song zu einem seiner Kumpel um, der ihm ein neues Bier reichte. Er fuhr sich durch die Haare, setzte es an seine Lippen und während er sich dabei zurück zur Bühne wandte, trafen sich unsere Blicke für eine kleine Ewigkeit.
Ich, mit meinem schwarz gefärbten, peinlichen Fransenschnitt auf dem Kopf und einem Dark Wave Kleidungsmix aus KiK und XtraX, stand da wie hypnotisiert, starrte ihn an und bewegte mich kein Stück.
Ganz langsam, ohne seine Augen von mir zu lassen, nahm Rob den Becher von seinem Mund, leckte sich über die Lippen, grinste und zwinkerte mir zu.
Wie der letzte Volldepp drehte ich mich erst mal völlig perplex um und prüfte, ob er nicht irgendeine heiße Schnitte hinter mir meinte, doch da lachte er nur und kam auf mich zu. Keine Minute später, nach einem knappen Kompliment über meine hypnotisierend stahlblauen Augen, hatte ich bereits seine Zunge in meinem Mund und schmeckte das süßliche Starkbier auf seinen Lippen. Für eine richtige Vorstellungsrunde war es viel zu laut und da er mich völlig selbstverständlich in seine Arme zog, war ich so überrumpelt, dass ich mich einfach auf ihn einließ.
Noch am selben Abend hatten wir hammergeilen Sex auf einem der ranzigen Konzerthallen-Klos und zum ersten Mal, seit ich mich erinnern kann, waren mir die Bakterien um mich herum scheißegal! Alles, woran ich denken konnte, war der Schwanz dieses unglaublich heißen Kerls, der mich da gerade so stürmisch durchnahm.
Ehrlich gesagt hätte ich niemals gedacht, meine heiße Begegnung danach nochmal wiederzusehen. Ich war überzeugt, er sei einer dieser Typen, die jedes Wochenende einen anderen haben, oder zwei, aber als ich nach Hause kam, fand ich tatsächlich einen Zettel mit seiner Telefonnummer in meiner Hosentasche. Tja, und dann kam eins zum anderen. Ich rief ihn an, wir verabredeten uns und kamen nicht wieder voneinander los. Angeblich hat er sich auf den ersten Blick in mich verliebt und ich glaube, mir ging es genauso.
Anfangs konnte ich mein Glück gar nicht fassen. Dass sich ein Mann wie er ernsthaft für jemanden wie mich interessierte, lag vollkommen außerhalb meiner Vorstellungskraft, denn ich fand auch schon damals, dass ich nicht besonders attraktiv oder gar begehrenswert bin, obwohl er mir stets das Gegenteil versicherte. Und nun, sieben Jahre später, will ich meinem Traummann eigentlich nur noch den Hals umdrehen. Traurig.
Seufzend stehe ich auf und bemerke erst jetzt, wie sehr mir der Alkohol bereits zu Kopf gestiegen ist. Der Boden schwankt unter meinen Füßen und ich muss mich einmal schütteln, ehe ich grob die Tür anpeile und zielstrebig darauf zu eiere. Das Badezimmer ist mein Bestimmungsort. Die Klamotten fallen schnell und als ich es geschafft habe, halbwegs stolperfrei in die Dusche zu steigen, bin ich echt erleichtert.
Als mir das heiße Wasser auf den Körper prasselt, lehne ich mich mit der Stirn an die Wand und genieße es für eine Weile. Erst nachdem ich so richtig aufgeheizt bin, taste ich blind nach meinem Duschgel in der verchromten Wandhalterung und drehe die Brause aus. Wie in Trance schäume ich mich ein und versinke dabei in meinen Erinnerungen: das eine Mal im Park, bei dem wir erwischt wurden, just in dem Moment, als ich abspritzte. Unsere heimliche, gegenseitige Wichsaktion im Flugzeug und die Blasnummer im Kino. Früher haben wir so viele aufregende, geile Sachen gemacht. Wie von selbst gleiten meine Hände intensiver über meinen sich langsam aufstellenden Schwanz, dessen Vorhaut ich gänzlich zurückziehe, um den hochsensiblen Bereich darunter zu bearbeiten. Ich öffne den Mund, hechle, inhaliere dabei die feuchte, heiße Luft und greife mit der Linken nach hinten, um mein Loch zu massieren.
Da öffnet sich plötzlich die Badezimmertür.
Erschrocken zucke ich zusammen und stelle das Wasser wieder an, sage aber nichts, denn sonst hört Rob sofort, dass ich gesoffen habe. Er hüllt sich ebenfalls in Schweigen. Erst raschelt seine Kleidung, dann klimpert sein Gürtel. Wahrscheinlich muss er pinkeln.
‚Verflucht! Normalerweise höre ich doch immer, wenn er nach Hause kommt! War ich diesmal so abgelenkt oder das Prasseln so laut?‘
Lange kann ich nicht darüber nachdenken, denn in diesem Augenblick öffnet Rob die Tür unserer Dusche und kommt, ohne zu fragen, herein, um sich wortlos hinter mich zu stellen(*FN* Warum gibts eigentlich keine Drehtüren in Duschen, mit denen man den unter der Brause Stehenden direkt nach draußen befördern kann? Wär doch witzig und praktisch obendrein, vor allem wenn der Partner so ein Dauerduscher ist, der einem immer das ganze warme Wasser klaut.*FN*).
Er riecht nach frischem Schweiß, Rauch und Alkohol. Wie ich befürchtet habe, scheint er also noch mit irgendwem nach dem Sport etwas trinken gegangen zu sein. Deswegen kommt er auch erst so spät. Sein Glück, dass ich viel zu müde bin, um ihm deshalb die nächsten Vorhaltungen zu machen.
Einen Moment stehen wir nur da wie die Ölgötzen und lassen das warme Wasser auf uns niederregnen, doch dann fühle ich Robs Finger, wie sie vorsichtig über meine Arme streichen. Er ist auf Versöhnungskurs, das merke ich sofort, und ehrlich gesagt erleichtert mich das ungemein. Entgegen meinem damaligen, ersten Eindruck ist er nämlich ein absoluter Harmoniemensch und hasst es, wenn Unfrieden zwischen uns herrscht. Egal, weswegen wir uns streiten, er versucht immer noch am selben Tag, sich wieder mit mir zu versöhnen. Wahrscheinlich sind wir wegen genau dieser Eigenschaft überhaupt noch zusammen.
„Mach ruhig weiter“, flüstert er mir plötzlich zu und streicht mir die nassen Haare aus dem Nacken, ehe er diesen küsst. „Ich wollte dich nicht unterbrechen.“ Erst bin ich unsicher, ob er meint, was ich denke, denn er kann ja unmöglich durch die Tür gehört haben, dass ich mir einen runtergeholt habe, doch da streichen seine großen Hände auch schon um mich herum. Mein Ständer hat mich verraten und wird unter seinen massierenden Fingern gleich noch etwas praller. Als ich ertappt aufstöhne, höre ich ein kurzes, amüsiertes Schnaufen hinter mir, dann küsst mir Rob über die Schulter bis zum Ohr und raunt mir erregt zu: „Oder soll ich?“